PATENSCHAFT – Neue Perspektive für geflüchtete Jugendliche, die in IS-Gefangenschaft waren

PATENSCHAFT – Neue Perspektive für geflüchtete Jugendliche, die in IS-Gefangenschaft waren

HAND FÜR HAND hat die Patenschaft für zwei jugendliche übernommen, die viele Jahren in IS Gefangenschaft gewesen waren und inzwischen in einem Flüchtlingslager im kurdischen Nord-Irak leben. Ziel ist es, die Brüder auf ihrem künftigen Weg zu begleiten. Der Familie soll ein würdevolles Leben ermöglicht werden, in dem sie in relativer Sicherheit und mit Perspektive auf ein eigenverantwortliches Leben nach vorne blicken können.

 

 

Der Schritt in ein eigenständiges Leben

Im ersten Schritt sorgen wir dafür, dass die Jungs gemeinsam mit ihrer Mutter eine sichere Unterkunft haben. Sie sollen in ihren „eigenen vier Wänden“ leben, in einem Zet im Camp oder ggf. im Dorf Sina, in der Nähe der Bildungseinrichtung. Der jüngere Bruder Musban wird zur Schule gehen, der ältere Bruder Mazin kann im HELIN Bildungszentrum Weiterbildungskurse besuchen. Mittelfristige Perspektive sehen wir es als Aufgabe, ihm eine geeignete Arbeitsstelle oder sogar ein eigenes Geschäft zu ermöglichen. 

Die beiden Jugendlichen Mazin und Musban heute mit HAND FÜR HAND Sonderbeauftragtem Franz Josef Hoellwarth

 

Die Geschichte der Brüder Mazin und Musban

Im August 2014 zog der sog. Islamische Staat (IS) über große Teile des Irak her. Im Tal Qasem südlich der Stadt Sinjar lebten der damals siebenjährige Mazin und sein zehnjähriger Bruder Musban mit Mutter, Vater und der Großmutter zusammen in einem kleinen Haus. Die Familie lebten als Bauern am Rande des Dorfes ein ganz normales Leben.

Eines Tages wurde die gesamte Familie von Kämpfern des Islamischen Staats (IS) gefangen genommen und in das entfernte Talafer verschleppt. Dort wurden die Frauen und Kinder von den Männern getrennt. Vom Vater fehlt seit jenem Tag jedes Lebenszeichen.

Mazin wurde anschließend mit hundert weiteren Kindern nach Mosul, der damaligen „Hauptstadt“ des „Kalifats“ verschleppt und dort ein Jahr lang gefangen gehalten, bevor es für ihn über Asepa in Richtung Syrien ging. Die nächsten vier Jahre wurde er mehrfach von einem Dorf zum anderen als Sklave verkauft. In dieser Zeit musste er mehrere Monate lang halb verhungert in einem Erdloch leben, bevor er schließlich von kurdischen Separatisten in Baghouz in Syrien befreit werden konnte.

Musban (2.vl) und Mazin (4.v.l.) mit anderen Kindern am Tag ihrer Befreiung aus IS Gefangenschaft

Die Mutter der beiden Jungs, Frau Guhle Suleman verblieb insgesamt drei Jahre zusammen mit dem jüngeren Sohn Musban in IS-Gefangenschaft, bevor sie 2019 von den Kurden befreit wurde. Die beiden wurden im kurdischen Flüchtlingslager Beservi an der türkischen Grenze untergebracht. Nach seiner Befreiung stoß Mazin zu ihnen. Seitdem leben sie in einem Zelt mit 12 weiteren geflüchteten. Dort lebt unter anderem auch ihr Onkel mit seinen Kindern, dessen Tochter ebenfalls das Martyrium des IS erleben musste. Diese ist schwer zuckerkrank und inzwischen erblindet, da sie in der Zeit beim IS kein Insulin erhalten hat.

Marzin ist heute siebzehn Jahre alt, Musban dreizehn. Durch die Erlebnisse sind ihre Seelen stark vernarbt. Keinesfalls trauen sie sich wieder in ihre Heimat Shingal. Wenn er sich nicht gerade mit dunklen Gedanken herumschlägt, möchte Mazin so schnell es geht selbst arbeiten. Das wichtigste für ihn ist, dass es seinem Bruder und seiner Mutter gut geht und dass sie in Frieden zusammen sein können.